Die Handlung des Buches beginnt im Jahre 1907: Hans Castorp besucht einen kranken Cousin in einem Schweizer Sanatorium und bleibt schließlich sieben Jahre dort, obwohl er selbst eigentlich gesund ist. "Doch er wird von dem Sanatorium-Leben regelrecht aufgesaugt", erklärt der Literaturwissenschaftler Kai Sina. "Die Patienten, ihre philosophischen Debatten und ihre Gepflogenheiten, die strengen Gesundheitsroutinen, luxuriöse Mahlzeiten und zwanghaftes Fiebermessen: Er wird ein Teil dieser Welt." In dieser vom Außenleben abgeschiedenen Welt begegnet er verschrobenen Charakteren, darunter dem lebensbejahenden Humanisten Settembrini und dem nihilistischen Jesuiten Naphta, die in philosophischen Debatten um Sinn, Tod und Fortschritt ringen.
Thomas Mann begann den "Zauberberg" als Kurzgeschichte, inspiriert von einem Aufenthalt seiner Frau Katia in einer Tuberkulose-Klinik. Am Ende schrieb er 12 Jahre lang an der Geschichte, unterbrochen vom ersten Weltkrieg. Heraus kam ein Jahrhundertroman, in dem es nicht nur um Ideologien, sondern auch um den Tod geht - schließlich verlassen die meisten Insassen das Sanatorium im Sarg.
Deutschland 1914: Das ganze Land ist von Kriegseuphorie erfasst. Noch ahnt Niemand, dass dieser Krieg bald die ganze Welt umspannen wird. Auch Thomas Mann ist überzeugter Befürworter des Krieges. Vier Jahre später findet er sich auf völlig verlorenem Posten wieder - und das sprichwörtlich. In der Folge lehnt er den Krieg ab und wird zu einem sprachgewaltigen Verteidiger der neu entstandenen Republik. Spätestens im US-Exil in den 1930er Jahren wird er zu einem waschechten Demokraten.
Ignoriert man die altertümliche Sprache, könnte man meinen, "Der Zauberberg" ist ein zeitgenössisches Werk. Denn "die große Gereizheit, der Kipppunkt", wie Caren Heuer es ausdrückt, sei auch heute überall zu spüren: "Sie brauchen am Sonntagabend nur irgendeine beliebige Talkshow anschalten", so die Direktorin des Buddenbrookhauses in Lübeck.
Hans Castorp ist der geheimnisvollen Russin Clawdia Chauchat verfallen, die ihm eine einzige Liebesnacht gewährt. Sie erinnert ihn an einen Mitschüler aus der Vergangenheit. Die Szene, in der Castorp von diesem einen Bleistift erbitten will, ist von zarter, unterschwelliger Erotik geprägt. In dem Roman finden sich auch andere queere Töne. "Die Frage, was ein Mann ist, was eine Frau ist, was männlich, was weiblich ist und was jeweils als anziehend empfunden, als attraktiv, erotisch attraktiv gefunden wird, das kommt hier alles irgendwie ins Schwimmen gewissermaßen", sagt Literaturwissenschaftler Kai Sina.