In der Begründung der Jury heißt es, die Auszeichnung gehe an den israelisch-deutschen Philosophen Omri Boehm "für die Konsequenz, mit der er den Kern des humanistischen Universalismus, die Verpflichtung zur Anerkennung der Gleichheit aller Menschen, gegen jegliche Relativierung verteidigt. In seinem jüngsten Buch 'Radikaler Universalismus jenseits von Identität' (2022) tritt Boehm den ideologischen Verhärtungen der Gegenwart entschieden entgegen, nimmt Immanuel Kants Definition von Aufklärung als ,Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit‘ beim Wort und unterzieht den westlichen Liberalismus, vor allem aber das Denken in Identitäten, die sich absolut setzen, einer kritischen Revision."
- Dr. Dr. Maike Albath (Literaturkritikerin und Autorin)
- Dr. Skadi Jennicke (Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig)
- Michael Lemling (Geschäftsführer der Buchhandlung Lehmkuhl)
- Dr. Lothar Müller (Literaturkritiker und Journalist)
- Dr. Daniela Strigl (Literaturkritikerin und Essayistin)
Omri Boehm wuchs in Israel auf, lebt heute in den USA und hat sowohl die israelische, als auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Er studierte unter anderem an der Yale University und in München, bevor er 2010 einem Ruf als Professor für Philosophie an die New Yorker New School for Social Research folgte. Boehm ist besonders in Deutschland eine viel gefragte Stimme zum Nahostkonflikt. Unter anderem für "Haaretz", die "Zeit" und die "New York Times" schreibt er über Israel, Politik und Philosophie.
Das im September 2022 erschienene Buch geht der Frage nach, ob der Universalismus noch zu retten ist und beantwortet diese mit einem "Ja, aber ..." und der Bedingung, zu seinem Ursprung zurückzukehren. Dabei beruft sich Omri Boehm auf Kant und seine oft missverstandene Wiederbelebung des ethischen Monotheismus der jüdischen Propheten. Ein kühner Entwurf, der in seiner Furchtlosigkeit einen Ausweg aus der festgefahrenen Identitätsdebatte eröffnet. Das Werk wurde von Michael Adrian aus dem Englischen übersetzt.
Die Auszeichnung wurde Omri Boehm zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am 20. März 2024 im Leipziger Gewandhaus verliehen. Die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz hielt die Laudatio.
Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung wird seit 1994 jährlich vergeben und ist mit 20.000 Euro dotiert. Er gehört zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen Deutschlands.