Stolz und unnahbar scheint Nofretete in die Ferne zu blicken. Man weiß nicht viel über diese Frau, die vor rund 3500 Jahren im alten Ägypten lebte. Ihr Name bedeutet: "Die Schöne ist gekommen". Doch war sie groß oder klein, war sie streng, großherzig oder überheblich? All das liegt im Dunkel der Geschichte. Es gibt keine Berichte von Zeitzeugen, kein Papyrus erzählt aus ihrem Leben. Nur ein paar antike Reliefs und Inschriften geben einige Details über die geheimnisvolle Nofretete preis.
Bekannt ist, dass sie in jungen Jahren, vermutlich im Alter zwischen zwölf und 15, die Gemahlin Amenophis IV. wurde. Er bekam den Beinamen "Ketzerpharao", weil er die Vielgötterei abschaffte und fortan nur noch dem Lichtgott Aton huldigte, dargestellt als strahlende Sonnenscheibe. Auch seinen Namen änderte er: Aus Amenophis wurde Echnaton ("Der dem Aton dient"), Nofretete wurde zu Neferneferuaton ("Schön ist die Schönheit des Aton"). Sie trug den Titel "Große königliche Gemahlin" und stand gleichberechtigt an der Seite ihres Mannes, so Olivia Zorn, stellvertretende Direktorin des Ägyptischen Museums Berlin, das Teil des Neuen Museums ist. "Sie haben mit dem Gott Aton eine Triade, also eine Dreiheit gebildet. Aton, Echnaton und Nofretete waren quasi eine Regierungseinheit", sagt sie der DW.
Anfang des 20. Jahrhunderts suchte der deutsche Architekt und Ägyptologe Ludwig Borchardt im Auftrag Kaiser Wilhelms II. nach Objekten für die Königlichen Museen in Berlin. Am 6. Dezember 1912 stießen er und sein Grabungsteam auf die Werkstatt eines Bildhauers, der im Jahre 1300 v. Chr. für den Königshof gearbeitet haben könnte. Unter den Schuttbergen fanden sich zahlreiche Büsten, darunter eine mit dunkelblauer Helmkrone. Borchardt war begeistert.
Man brachte die Büste der Nofretete mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Orient-Gesellschaft, die die Mission in Ägypten finanzierte, nach Berlin. Gemäß den damals geltenden Bestimmungen wurden alle antiken Funde zu gleichen Teilen zwischen Ägypten und dem Land aufgeteilt, das die Ausgrabungen durchführte. Da das Kairoer Museum bis dahin kein Altarbild besaß, entschied man sich dort gegen die Büste.
In Ägypten hätte man heute die berühmte Botschafterin des Landes gern zurück, doch in Berlin sieht man keine Veranlassung dazu. "Es gibt absolut keine Restitutionsansprüche. Die rechtliche Lage ist eindeutig", sagt die stellvertretende Direktorin des Ägyptischen Museums in Berlin - schließlich sei die Büste dem deutschen Ägyptologen Ludwig Borchardt vor 100 Jahren per Vertrag zugesprochen worden. So wird Nofretete wohl weiter in Berlin Hof halten.
DW | 2024 | 14 Min.
Buch und Regie: Riki Bornhak
Redaktion: Susanne Spröer
Leitung: Oliver Glasenapp, Susanne Lenz-Gleissner
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