Fast täglich wird in Deutschland eine Frau Opfer eines Femizids - einer tödlichen Gewalttat durch ihren Partner oder Ex-Partner. Hinter diesen Taten steht ein System, das nicht nur Frauen angeht, sondern auch besonders: Männer. Wie können Männer Solidarität zeigen und Veränderung anstoßen? Wir entwickeln zusammen eine Art "Anleitung", wie man ein guter "Ally” werden kann, also ein Verbündeter, der seine Privilegien nutzt, um Frauen zu unterstützen.
Die Hemmschwelle über Depressionen zu sprechen ist deutlich gesunken. Unsere Musikidole machen es vor. Und trotzdem bleiben die Zahl der an Depressionen leidenden Menschen und auch die Suizidrate auf einem hohen Niveau. Die psychische Erkrankung wird oft unterschätzt oder gar nicht erst erkannt. Was kann die wichtigste Jugendkultur, die Rapmusik, da bewirken? Kann ein Song der Komplexität der Sache überhaupt gerecht werden? Wann dient ein trauriger Text nur der eigenen Profilierung? Und wann verstärkt er sogar eine Lebensmüdigkeit?
"Not in a million years", würde er Kamala Harris wählen, sagt der afro-amerikanische YouTuber Anton Daniels in einem zehntausendfach geklickten Video. Sie sei einfach nicht qualifiziert genug für den Job. Dass Harris Jura studiert und als Staatsanwältin und Vizepräsidentin gearbeitet hat, scheint nicht so wichtig zu sein. Aber woran liegt es dann, dass Männer, die noch Barack Obama und Joe Biden ihre Stimme gaben, jetzt laut demographischen Wahlumfragen nicht nur zögern, sondern gar Donald Trump den Vorzug geben wollen? Wir wollen in dieser Folge auf die Suche nach Antworten gehen und herausfinden, warum die Gesellschaft beim Thema Gender gerade gespalten ist wie seit 2016 nicht mehr.
Biohacking. Auf ewig leben. Den Körper verjüngen, älter werden als jemals ein Mensch zuvor: Mit der eigenen Sterblichkeit hadern Menschen schon immer. Um dem entgegenzuwirken, versucht man mit Lifestyle und medizinischen Prozeduren, sich und die eigenen Zellen vor dem Altern zu schützen und manchmal gar die biologische Uhr zurückzudrehen.
Wie etwa der 47-jährige US-Unternehmer Bryan Johnson. Die Galionsfigur der Bewegung versucht, mit Bluttransfusionen seines Sohnes, den Körper eines 18-Jährigen wiederzuerlangen und gibt dafür jährlich Millionen Euro aus. Für unseren Gast, den Philosophie-Professor Dr. Martin Booms ist das zu einfach gedacht, denn: Erschöpfung finde zudem auf geistiger Ebene statt. "Als ob ich mit einem jugendlichen Körper sofort alle Möglichkeiten hätte, die ich als 18-Jähriger wirklich hatte? Das ist eine Illusion. Da war ich ja ganz anders drauf." Für ihn ist der Wunsch nach dem Verschieben oder Überwinden des Todes auch eine Folge des schwindenden kirchlichen Einflusses. Denn dort sei der Tod lediglich der Übergang zum eigentlichen, ewigen Leben - und damit gar kein Problem. "Als das in einem jahrhundertelangen Prozess als prägendes Gesellschaftsbild weitgehend abgestorben ist, dann kam die Überlegung: Was kommt denn dann? Vielleicht gar nichts. Dann ging dieser Run los".
Angenommen, uns würde die Unsterblichkeit gelingen - was würde das wirklich mit uns als Menschen machen? Und wie ist die Bewegung mit gesellschaftlichen Herausforderungen zu vereinbaren - wäre die Unsterblichkeit dann ein Privileg der Reichen, während die Armen unter den immer knapper werdenden Ressourcen der Erde leiden?
Es läuft nicht mehr rund im Lokaljournalismus. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern gibt es einen regelrechten Kahlschlag bei den traditionellen Tageszeitungen, an deren Stelle treten teils dubiose Anzeigenblätter. Aber was ist zu tun, wenn der freie Markt bestimmt, wieviele Menschen Zugang zu regionalen Informationen haben?
Darüber soll es in der aktuellen Folge gehen. Zu Gast ist Roger de Weck, der frühere Zeit-Chefredakteur, Generaldirektor des Schweizer Radios und Fernsehens, Mitglied des Zukunftsrats für Reformen bei ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Mitte Oktober erscheint sein neues Buch mit dem Titel "Prinzip Trotzdem” - Warum wir den Journalismus vor den Medien retten müssen.
Wir trinken immer weniger Alkohol. Vor allem unter Jugendlichen geht der Konsum zurück. Das zeigen Statistiken, aber auch ein Blick in die sozialen Medien. Hashtags wie "Sober October" trenden regelmäßig, Promis und Influencer vermarkten mittlerweile ihre eigenen nicht-alkoholischen Drinks. Ist Alkohol also bald das neue Rauchen - in der Öffentlichkeit verpönt? Oder steigen wir einfach um auf andere Drogen? Denn die Sehnsucht nach Rausch und Exzess bleibt uns ja erhalten.
Eva Biringer freut sich über die neue Nüchternheit. Die Journalistin und Autorin hat selbst jahrelang viel getrunken, zu viel, wie sie in ihrem Buch "Unabhängig" beschreibt. "Wenn wir uns anschauen, wo früher überall geraucht wurde: Im Kino, im Flugzeug, im Rathaus. Das ist für heutige Verhältnisse unvorstellbar. Vielleicht sagen künftige Generationen: ‘Oh wow, ihr habt wirklich immer getrunken.’"
Alkohol sollte aber nicht einfach stigmatisiert werden, sagt der Kulturwissenschaftler Robert Feustel. Die Trennung zwischen Alkohol und anderen, meist illegalen Drogen findet er scheinheilig. "Ich erhoffe mir von dieser Diskussion um Alkohol eine ehrlichere Auseinandersetzung mit unserem Drogenkonsum insgesamt."
AfD-Erfolge bei den Landtagswahlen: Wie leistet man jetzt Widerstand? Nie wieder ist jetzt. Oder nie wieder ist gestern? Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen beschäftigen seit knapp einer Woche Deutschland. Und so verständlich der Wunsch auch ist, sich bei den Ergebnissen einfach unter der Bettdecke zu verkriechen, sollte genau das nicht passieren. Resignation?
Keine Option für den Politikwissenschaftler und Autor Arne Semsrott: "Es wird natürlich schwerer mit der Zeit, aber aufgeben? Das ist einfach nicht. Wenn es darum geht, dass es 1.000 Schritte auf dem Weg dahin gibt, dann gibt’s eben auch 1.000 Schritte, um das aufzuhalten".
Genau das beginne meistens vor der eigenen Haustür, durch Vereine, Initiativen und vor allem mit viel Durchhaltevermögen: "Gesellschaftspolitisches Engagement geht über rein politische Reaktionen hinaus. Es ist wichtig, dass man den Hass und die Kälte der Rechten kontert," sagt Sven Kaseler, Gründer der sächsischen Initiative "Augen auf - Zivilcourage zeigen".
"Früher ließen sich Kandidaten einen Bart wachsen, um sich neu zu erfinden”, erinnert sich die ehemalige Auslandskorrespondentin der Zeit in Washington, Kerstin Kohlenberg. Heute sehe man stattdessen eine "Memefication”. So ist es aktuell bei der möglichen Präsidentschaftskandidatin der Demokraten Kamala Harris: Sie wird "erzählt” als cooles, ehrliches und direktes "Brat-Girl” mit Ecken und Kanten.
Auf Social Media hat man ihr diesen Gefallen getan - und ihr Wahlkampfteam ist klugerweise aufgesprungen. Zwar kommt das etwas spät, aber Kommunikationswissenschaftler Klaus Kamps bewertet dies dennoch als "einen frischen und guten Start der Kampagne". Dies Podcastfolge wirft einen Blick auf die Kniffe der politischen Kommunikation: Wann funktionieren Narrative? Und wie erklärt sich die mit Pathos aufgeladene und oft persönlich verletzende Wahlkampfrhetorik in den USA?
In den Nullerjahren war er so etwas wie der Antichrist der Rapmusik: Slim Shady. Dessen Schöpfer Eminem bzw. Marshall Mathers hat ihn extrem gewaltverherrlichende und frauen- und queerfeindliche Dinge tun und sagen lassen. Kritiker warfen ihm "mind pollution” vor; er galt nicht nur in den USA als eine ernste Gefahr für die Jugend. Und heute? Wärmt Eminem seine Kreatur auf, um sie auf seinem neuen Album "The Death of Slim Shady (Coup de Grâce)” gleich wieder zu Grabe zu tragen. Zu Recht? Passen solche derben Kunstfiguren nicht in unsere Zeit? Weil man ihren Sexismus nicht mehr so einfach überhören kann wie damals?
Unsere Meinungen zum Comeback von Slim Shady gehen weit auseinander. Wir stehen irgendwo zwischen "Kunst darf das!” und "langweilig!” oder sogar "gefährlich!”. Und dann verraten wir euch noch, wann wir selbst harten Rap hören, den man nicht allzu ernst nehmen sollte.
Tausend Dinge anfangen. Sich für ein neues Hobby begeistern. Viel Geld dafür ausgeben. Nach zwei Wochen das Interesse verlieren. Ungeduldig, immer auf Achse und den Kopf voller Ideen. Sind das Eigenheiten oder ist das schon ADHS? Auf Instagram und TikTok teilen Influencer sehr persönliche Anekdoten aus ihrem Leben als neurodivergente Person. Einen der bekanntesten Accounts hat Angelina Boerger: Als "Kirmes im Kopf” erreicht sie knapp 100.000 Follower. Sie hat ihre Diagnose erst mit Ende zwanzig erhalten. Ein Problem, das besonders Frauen kennen. Auch deshalb ist es ihr ein Anliegen, über ADHS aufzuklären: "Ich biete eine bunte Mischung aus gefühligen Themen und fundierten wissenschaftlichen Infos”. Kann Social Media Betroffenen den hohen Leidensdruck nehmen? Besonders wenn die Arztpraxen voll und die Wartezeiten lang sind? Oder ist der Content so vereinfachend, dass man Krankheiten bei sich findet, die man gar nicht hat? Diese Fragen diskutieren wir mit der Sachbuchautorin und Influencerin Angelina Boerger.
Fans füllen Fußballstadien, Konzerthallen und dominieren das Internet. Sie zeigen stolz ihre Kultur und Leidenschaft, sei es für einen Zweitligaverein oder einen Megastar wie Taylor Swift. Mitsingen ist erwünscht, und die Emotionen reichen von Ekstase bis tiefer Trauer. Aber warum ist das so? Warum verehren und bewundern wir völlig Fremde oder Institutionen wie einen Verein? Warum verwandeln wir uns, wenn wir als Fans auftreten? Und war das schon immer so? Die Autorin und Fußballfan Anne Hahn sagt: "Der Reiz liegt in der Gemeinschaft." Ihre Initialzündung erlebte sie bei einem Spiel des 1. FC Magdeburg, als ein verschwitzter älterer Mann sie in den Arm nahm. Ist Fan-Sein also eine soziale Utopie, eine selbstgewählte Gemeinschaft? Oder doch vor allem eine nie endende Adoleszenz, in der das Teenager-Gefühlschaos zur Norm wird?
Europa wählt und alle sind im Krisenmodus: Putin, Rechtsextremismus, schwächelnde Wirtschaft. Und wer soll es retten? Wir Europäer*innen! Aber dieses "Wir" ist ganz schön vertrackt.
Der Weltraum hat vor allem die Zukunftsvorstellung in den 60er- und 70er-Jahren geprägt. Schriftsteller*rinnen und Filmemacher*innen begannen damals, Science-Fiction-Szenarien zu entwerfen; die vielleicht bekanntesten, darunter natürlich die verschiedenen Star Trek-Serien. Darin entstand ein ganzes Design-Universum mit Innenausstattungen, die heute Klassiker sind. Irgendwo zwischen pragmatischer Form und bunter Fantasiewelt. Was ist vom utopischen Gehalt dieser Zukunftsdesigns damals geblieben und welche Ideen haben und brauchen wir heute als Gesellschaft?
Fast ein Viertel der 14- bis 29-Jährigen würde laut einer Jugendstudie die AfD wählen - eine beunruhigende Erkenntnis, die viele Fragen aufwirft. Eine davon ist die Rolle von TikTok, wo zwei Drittel der jungen Wählerschaft aktiv sind. Die Plattformlogik, die auf Dualismus, emotionalisierten Inhalten und komprimierten Botschaften basiert, könnte der AfD in die Hände spielen. Mit 400.000 Followern nimmt die Partei eine dominante Stellung auf TikTok ein, während andere Parteien versuchen, nachzuziehen. Doch wie kann man dort authentisch und überzeugend kommunizieren?
Eine Computeranalyse der Uni Innsbruck kommt zu einem bemerkenswerten Schluss: Die Songtexte erfolgreicher Popmusik würden seit 1970 immer simpler. Das heißt, sie verwenden weniger und weniger komplexe Worte, arbeiten viel mit Wiederholungen und sind außerdem grammatikalisch einfach gestrickt. Aber selbst wenn dieser Befund stimmen sollte: Muss denn einfach auch gleich schlecht sein? Und: Kann ein Computer wirklich die Qualität eines Textes erfassen? Der Medien- und Literaturwissenschaftler Jörn Glasenapp ist da skeptisch.
Alle älteren Folgen von "Was geht – was bleibt?" sind hier in der Audiothek zu finden.
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Moderation und Redaktion: Philine Sauvageot, Max Knieriemen, Jan Tussing, Christian Batzlen, Kristine Harthauer, Daniel Stender, Max Bauer u.v.m.
Eine Produktion von SWR2, Südwestrundfunk