Philip Meinhold ("Wer hat Burak erschossen?", "Mein Freund Floh") erzählt die Geschichte der vielleicht wichtigsten deutschen Band von ihren Anfängen als Politrockband über die Solo-Karriere ihres Sängers Rio Reiser bis zu ihrer Bedeutung heute.
Im August 1970 nehmen Ton Steine Scherben in einem düsteren Neuköllner Ballsaal ihre erste Single auf: rau, radikal und authentisch. Gleich ihr erster Festival-Auftritt auf Fehmarn endet in Krawall und Chaos und wird zum Gründungsmythos der Scherben. Diese Folge erzählt von der Gründung der Band, ihren Wurzeln, die im Theater liegen, sowie von der Entstehung ihrer ersten LP "Warum geht es mir so dreckig?". Prominenter Gast: Herbert Grönemeyer.
Schnell steigen die Scherben zu Ikonen der linken Szene auf. Nach ihren Konzerten werden Häuser besetzt, ihre Platten stehen in jeder WG. Diese Folge erzählt von der Besetzung des Rauch-Hauses nach einem Scherben-Konzert; dem Auftritt ihres Managers in einer Fernsehtalkshow, mit dem er Fernsehgeschichte schreibt – sowie der Entstehung ihrer zweiten LP, die für manche das beste deutsche Album überhaupt ist. Als Gast erzählt Danger Dan, wofür er die Scherben bewundert.
Der Ruf als linke Szene-Kapelle wird für die Scherben immer mehr zur Belastung. Jeder Schritt der Band wird kritisch beäugt; ihre Auftritte sollen möglichst nichts kosten. In der gemeinsamen WG in Kreuzberg ist der Kühlschrank meist leer und die Wohnung voll. Bis es den Scherben zu anstrengend wird und sie vor dogmatischen Linken aufs Land fliehen. Wie es ihnen als linke Band heute geht, erzählen außerdem Feine Sahne Fischfilet.
Ein Besuch in Fresenhagen in Nordfriesland, wohin Ton Steine Scherben geflohen sind. Hier haben sie 1975 auf einem verfallenen Bauernhof eine Landkommune gegründet. Als der Ärger mit den Linken trotzdem nicht endet, ziehen sie sich endgültig von der Bühne zurück. Und kommen nach fünf Jahren mit einer Platte zurück, die anders ist als alles, was man von ihnen kennt. Special Guest in dieser Folge: Blixa Bargeld.
Mit ihren neuen Songs kehren die Scherben 1982 auf die Bühne zurück: Die Tour zur „Schwarzen“ wird eine große Show, ein künstlerischer Erfolg – und der Anfang vom Ende der Band. Denn von den Schulden, die sie mit dieser Tour machen, kommen sie nicht mehr runter. Da kann auch Claudia Roth als neue Managerin nichts dran ändern. 1985 lösen Ton Steine Scherben sich auf. Sängerin Dota erzählt, was sie mit den Scherben verbindet.
Auch wenn nie eine Platte von ihnen im Osten erschienen ist, haben Ton Steine Scherben auch in der DDR eine riesige Fangemeinde. Das erfährt Rio, als er 1988, zwei Jahre nach dem Ende der Band, ein legendäres Solo-Konzert in Ost-Berlin spielt. Nach der Wende tritt er zur Freude Gregor Gysis in die PDS ein – was nicht alle Scherben-Fans im Osten freut. Radio-Moderatorin Marion Brasch erinnert sich als prominenter Gast an die Umbruch-Zeit.
Nach dem Ende der Scherben bringt Rio sein Solo-Debüt „Rio I.“ heraus – und hat endlich den Erfolg, den er mit den Scherben nie hatte. Was ihm viele alte Scherben-Fans als Verrat vorwerfen. Doch der Erfolg ist nicht von Dauer. Rio scheint hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Anerkennung und dem Bedürfnis nach Ruhe. Bis er 1996 im Alter von 46 Jahren überraschend stirbt. Zu Gast ist Schlagersängerin Marianne Rosenberg, die mit Rio viele Jahre befreundet ist.
Der neue radioeins-Podcast “Musik ist eine Waffe” erzählt die Geschichte von Ton Steine Scherben – von den Anfängen als Politrockband über die Solo-Karriere ihres Sängers Rio Reiser bis hin zu ihrer Bedeutung heute. Die achtteilige Serie startete am 21. März 2024 in der ARD Audiothek.
Der Host, Autor und Journalist Philip Meinhold, trifft ehemalige Bandmitglieder und interviewt Wegbegleiterinnen wie Claudia Roth und Anette Humpe. Zudem sind in jeder Podcast-Episode prominente Künstler wie Herbert Grönemeyer, Danger Dan, Dota, Blixa Bargeld, Marianne Rosenberg und Jan Plewka zu Gast, um über ihren Bezug zu den Scherben zu sprechen.
Der Podcast bietet auch bisher unveröffentlichte Aufnahmen des verstorbenen Sängers Rio Reiser. Insgesamt erzählt “Musik ist eine Waffe” nicht nur die Geschichte einer legendären Band, sondern auch ein Stück deutscher Zeitgeschichte.
Als Ton Steine Scherben sich 1970 gründeten, gehörten sie zu den ersten, die Rockmusik mit deutschen Texten machten – ohne dass es peinlich oder nachgemacht klang. Sie waren mehr als nur eine Band: Sie versuchten das, was sie sangen, auch zu leben. Der Podcast führt durch die Geschichte der Band und beleuchtet ihre Verknüpfungen mit linken Protestbewegungen der 1970er und 1980er Jahre, darunter die erste Welle der Hausbesetzungen, die Friedens- und Anti-AKW-Bewegung.
Ton Steine Scherben war also eine politisch engagierte Band, die ihre Musik als Mittel zur Veränderung und zur Verbreitung ihrer Botschaft nutzte.
Ton Steine Scherben behandelten in ihren Liedern eine Vielzahl von politischen Themen. Hier sind einige der wichtigsten:
radioneins/rbb | 2024 | 8 Folgen
Autor: Philip Meinhold
Techn. Produktion und Sounddesign: Stephan Lindner
Dramaturgie: Sarah Meinhold
Redaktion und Projektleitung: Diane Arapovic